Nobelpreise 2024

Zwei der Nobelpreise 2024 haben einen Bezug zu maschinellem Lernen (ML) und künstlicher Intelligenz (KI), nämlich die für Physik und Chemie. Es ist erstaunlich, wie ML/KI-Techniken verschiedene Bereiche der Technologie verändern und die Art und Weise, wie wir mit komplexen Systemen interagieren und diese nutzen, transformieren. Eine der bedeutendsten Anwendungen ist die Steuerung technischer Systeme, wo KI-Algorithmen Entscheidungsfindung und Optimierung in Echtzeit ermöglichen. Diese Technologien ermöglichen eine präzisere Steuerung von Prozessen in Branchen wie Energie, Fertigung, Qualitätskontrolle und Transport. ML-Modelle können Muster erkennen und diese für die Identifizierung der am besten geeigneten Steuerungsmaßnahmen nutzen. Auch im Bereich der Medizintechnik erweist sich die KI als bahnbrechend. Von der Diagnostik bis zur personalisierten Medizin nutzt ML Daten, um die Ergebnisse für Patienten zu verbessern und die Gesundheitsversorgung zu verbessern.

Das EPA erkennt seit langem an, dass KI/ML-Erfindungen einen technischen Beitrag leisten können, wie es auch in den Prüfiungsrichtlinien zum Ausdruck kommt. Dies sollte Erfinder ermutigen, Patentschutz für ihre KI/ML-basierten Erfindungen zu beantragen. Die Integration von ML und KI in verschiedenen Bereichen wird die Innovation weiter vorantreiben.

Recherche am EPA

In der Folge vom 12. September 2024 des Podcasts „Talk Innovation“ des Europäischen Patentamts (EPA) geht es um die Qualität von Patenten. Ein Highlight ist ein neuer Schritt, den das EPA unternimmt, um die Qualität von Recherchenberichten zu verbessern. Ab November 2023 werden diese Berichte mit den Mitgliedern der zukünftigen Prüfungsabteilung und ihrem Teamleiter geteilt. Mit dieser Änderung soll sichergestellt werden, dass die Recherchenberichte so umfassend wie möglich sind. Das Ziel ist es, Situationen zu minimieren, in denen wichtiger Stand der Technik erst nach Jahren des Prüfungsverfahrens erstmalig eingeführt wird, auch wenn die Patentansprüche nicht signifikant geändert wurden.

In dieser Podcast-Folge werden auch weitere Bemühungen zur Verbesserung der Verfahrenskonsistenz erörtert. So arbeitet das EPAs beispielsweise daran, den Prüfern dabei zu helfen, ihre Praktiken in Bezug auf die Anzahl der Prüfungsbescheiden, die vor einer Ladung zur Verhandlung ergehen, einfacher mit der Amtspraxis vergleichen zu können. Diese Maßnahmen sollen die Qualität und Effizienz des Patentprüfungsverfahrens insgesamt verbessern.

Zusammenfassungen von Entscheidungen der EPA-Beschwerdekammern

Das EPA hat damit begonnen, monatliche Zusammenfassungen von Entscheidungen der Beschwerdekammern zu veröffentlichen. Die Zusammenfassungen sind über die Website der EPA-Beschwerdekammer zugänglich. Dies ist eine großartige Informationsquelle für alle, die regelmäßig über die neue Rechtsprechung informiert werden möchten, wobei die Zusammenfassungen vom Juristischen Forschungsdienst der Beschwerdekammern herausgegeben werden.

Anspruchsauslegung in EPA-Verfahren

Die Rechtsprechung der Beschwerdekammern zur Anspruchsauslegung ist seit einigen Jahren uneinheitlich: Einige Kammern haben den Standpunkt vertreten, dass die Ansprüche bei der Beurteilung der Patentierbarkeit grundsätzlich im Lichte der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen sind. Andere Kammern haben hingegen den Standpunkt vertreten, dass in Verfahren vor dem EPA-Verfahren die Beschreibung und die Zeichnungen nur in bestimmten Fällen für die Anspruchsauslegung zu berücksichtigen sind, nämlich wenn der Anspruchswortlaut unklar oder mehrdeutig ist.

Die aktuelle Beschwerdekammerentscheidung T 0439/22 hat diese Angelegenheit der Großen Beschwerdekammer vorgelegt. Die Vorlagefragen lauten wie folgt:

1. Ist Artikel 69 (1), 2.Satz EPÜ und Artikel 1 des Protokolls über die Auslegung von Artikel 69 EPÜ bei der Auslegung von Patentansprüchen anzuwenden, wenn die Patentierbarkeit einer Erfindung gemäß Artikel 52 bis 57 EPÜ beurteilt wird?

2. Dürfen die Beschreibung und die Figuren bei der Auslegung der Ansprüche herangezogen werden, um die Patentierbarkeit zu beurteilen, und wenn ja, darf dies generell geschehen oder nur dann, wenn der Fachmann einen Anspruch für unklar oder mehrdeutig hält, wenn er ihn isoliert liest?

3. Kann eine Definition oder eine ähnliche Information zu einem in den Ansprüchen verwendeten Begriff, die ausdrücklich in der Beschreibung enthalten ist, bei der Auslegung der Ansprüche zur Beurteilung der Patentierbarkeit außer Acht gelassen werden, und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Diese Fragen betreffen auch viele anhängige Verfahren.

Der Präsident des EPA hat entschieden, dass die Verfahren vor den Prüfungs- und Einspruchsabteilungen fortgesetzt werden sollen(Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 1. Juli 2024). Dies soll im Interesse des reibungslosen Funktionierens des EPA und der Rechtssicherheit geschehen.

BGH „Variationsnut“ – Anspruchsauslegung

In seiner Entscheidung X ZR 12/22 vom 12. März 2024 – Variationsnut entschied der deutsche Bundesgerichtshof, dass ein „Begriff, der in zwei Merkmalen eines Patentanspruchs verwendet wird, … unterschiedlich auszulegen sein [kann], wenn sich dies aus der Funktion der beiden Merkmale ergibt.“

Diese Entscheidung veranschaulicht die Bedeutung technischer Überlegungen im deutschen Patentgerichtssystem: Die Gerichte bemühen sich, den Sinn der beanspruchten Erfindung in technisch sinnvoller Weise zu erfassen, selbst wenn der Anspruchswortlaut nicht perfekt sein mag.

EPG-Verfahren mit Fußballbezug

Im Hinblick auf die im Juni beginnende Fußball-Europameisterschaft ist es interessant, dass vor kurzem ein Antrag auf einstweilige Maßnahmen gemäß R. 206 UPCA auf der Grundlage des Patents 1 944 067 eingereicht wurde. Das Patent bezieht sich auf eine Technik zum Erkennen einer Abseitssituation bei einem Fußballspiel.

Die Union des Associations Européennes de Football (UEFA) ist eine der Antragsgegnerinnen.

Das Verfahren ist unter dem offiziellen Aktenzeichen ACT_16267/2024 anhängig.

Patentverletzungsklage vor UPC-Zentralkammer

Gegen die Microsoft Corporation wurde eine Verletzungsklage bei der Zentralkammer des UPC eingereicht. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen ACT_18406/2024 anhängig.

Dies scheint die erste Patentverletzungsklage zu sein, die bei der Zentralkammer eingereicht wurde.

Zum Hintergrund: Art. 33(1) EPGÜ stellt zwei mögliche Gerichtsstände für die Erhebung einer Verletzungsklage gegen einen Beklagten bereit, der seine Hauptniederlassung außerhalb des Hoheitsgebiets der Vertragsmitgliedstaaten hat: Die Verletzungsklage gegen einen derartigen Beklagten kann nach Wahl des Klägers erhoben werden vor (i) der Lokalkammer oder der Regionalkammer eines Staates, in dem die geltend gemachte angebliche Verletzung stattgefunden hat, oder (ii) der Zentralkammer. Somit definiert Art. 33(1) EPGÜ einen alternativen Gerichtsstand (die Zentralkammer) für Patentverletzungsverfahren gegen Beklagte, für die es keinen Gerichtsstand gemäß Art. 33(1)(b) EPGÜ gibt.

IP zur Sicherung von Finanzierung

Die EPA-Veranstaltung „Bringing cleantech innovation to market“, deren Aufzeichnung das EPA in Kürze zur Verfügung stellen wird, befasst sich unter anderem mit der neuen Wirtschaftsstudie des EPA, die die Herausforderungen beleuchtet, mit denen sich Unternehmen konfrontiert sehen, die saubere Technologien auf den Markt bringen wollen. Die Studie wurde vom Europäischen Patentamt (EPA) gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) erstellt.

Eine wichtige Erkenntnis für mich war, dass die Studie erneut bestätigt, wie wichtig es für (junge) Unternehmen ist, über geistiges Eigentum zu verfügen, um sich Finanzierung (auch, aber nicht nur, von VC) zu sichern.

Nehmen Sie gerne Kontakt auf, wenn Sie gerade dabei sind, Ihr eigenes Unternehmen zu gründen oder dies bereits getan haben und mehr über die verschiedenen Rechte des geistigen Eigentums sowie über bestehende Initiativen zur finanziellen Unterstützung von Unternehmen bei der Erlangung von geistigem Eigentum erfahren möchten.

Reform des EU-Designrechts

Sowohl die EU-Geschmacksmusterverordnung als auch die EU-Geschmacksmusterrichtlinie werden wahrscheinlich in naher Zukunft geändert werden. Für nähere Informationen kann ich die nachfolgend verlinkte sehr interessante Webinar-Aufzeichnung des EUIPO empfehlen.

Ein wichtiger Aspekt der Änderungen ist, dass die neuen Regelungen (ähnlich wie bei den Änderungen der Markenverordnung und -richtlinie vor einigen Jahren) es einfacher machen sollten, einen angemessenen Schutz für Designs zu erlangen, die in einem (modernen) elektronischen Register dargestellt werden können, ohne zwangsläufig durch die Beschränkung auf sieben grafische Darstellungen pro Geschmacksmuster eingeschränkt zu sein. Beispiele, bei denen dies wichtig ist, sind Videosequenzen.