Nichtigkeit von EU-Geschmacksmustern

Das EUIPO hat ein Webinar über Anträge auf Nichtigkeit von Geschmacksmustern angeboten, das für Praktiker sowohl sehr lehrreich als auch nützlich war.

Für Interessierte ist eine Aufzeichnung des Webinars mit dem Titel „Track on design: focus on invalidity of designs“ auf der Website des EUIPO abrufbar.

Hintergrundinformation für Leser aus dem Ausland: Im Zusammenhang mit den gewerblichen Schutzrechten innerhalb der Europäischen Union (EU) bezieht sich die Nichtigkeit von Geschmacksmustern auf den rechtlichen Vorgang, bei dem eine Partei die Gültigkeit eines eingetragenen Geschmacksmusters vor dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) anfechten kann. Ein Geschmacksmuster kann aus verschiedenen Gründen für ungültig erklärt werden, z. B. wenn es keine Neuheit aufweist, keine Eigenart besitzt oder wenn es nach dem Geschmacksmusterrecht der EU nicht schutzfähig ist.

Um ein Nichtigkeitsverfahren einzuleiten, kann jede Partei mit einem berechtigten Interesse einen Antrag beim EUIPO stellen. In diesem Antrag müssen die Gründe, auf denen der Nichtigkeitsanspruch basiert, dargelegt und die erforderlichen Nachweise bereitgestellt werden. Wenn das EUIPO das Design für ungültig erklärt, wird es gelöscht. Dieser Mechanismus ist von entscheidender Bedeutung, da er die Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Gültigkeit von Designs ermöglicht und zur Aufrechterhaltung eines fairen Wettbewerbsumfelds auf dem Markt beiträgt.

Beschreibungsanpassung im EPA-Verfahren

Es ist selten, dass eine Entscheidung der Beschwerdekammer in den (beruflichen und/oder IP-bezogenen) sozialen Medien großes Interesse hervorruft. Anders war dies in der vergangenen Woche, als viele Patentanwälte mit Begeisterung über T 0056/21 vom 04. Oktober 2024 gepostet haben.

Datenblatt zu T 0056/21

Der Leitsatz dieser Entscheidung lautet:

„Bei der Prüfung einer Patentanmeldung bieten weder Artikel 84 noch die Regeln 42, 43 und 48 EPÜ eine Rechtsgrundlage für die Forderung, dass die Beschreibung so angepasst werden muss, dass sie den zulässigen Ansprüchen eines engeren Gegenstands entspricht.“

Einige haben angedeutet, dass T 0056/21 die Praxis des EPA in Bezug auf die Anpassung der Beschreibung erheblich verändern wird. Das bleibt abzuwarten.

Die Roche-Patentabteilung und der Anwalt, der T 0056/21 bearbeitet, verdienen Lob dafür, dass sie sich um eine Klärung dieser Frage bemüht haben. Dies gilt umso mehr, als die Anpassung der Beschreibung einigen Prüfern im Lichte der Qualitätsdiskussionen sehr am Herzen zu liegen scheint. Und Beschwerdekammer 3.3.04 ist für die Entscheidungsbegründung zu loben, die nicht nur umfassend ist, sondern sich auch daran orientiert, was die Verfasser des EPÜ im Hinblick auf Klarheit im Sinn hatten.

Wohl nicht jeder, der die verschiedenen Beiträge zu T 0056/21 liest, ist sich der Tatsache bewusst, dass dieselbe Beschwerdeführerin (Roche) diese Fragestellung bereits in einem früheren Erteilungsverfahren vor die Beschwerdekammer gebracht hat. Die frühere Beschwerde führte zur Entscheidung T 1989/18 vom 16. Dezember 2021. Die letztgenannte Entscheidung hat zwar keinen Leitsatz, aber die Argumentation in den Punkten 4-13 von T 1989/18 kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie der Leitsatz von T 0056/21. T 1989/18 scheint – leider – nicht viel an der Praxis des EPA in Bezug auf die Anpassung der Beschreibung geändert zu haben. Es bleibt zu hoffen, dass Roche (oder andere Anmelder) sich weiterhin dafür engagieren, zur Klärung der Frage beizutragen, ob und in welchem Umfang eine Beschreibungsanpassung an geänderte Ansprüche erforderlich ist. Zumindest in den US-Verfahren scheinen alle Beteiligten sinnvoll mit einer Beschreibung arbeiten zu können, die nicht an Anspruchsänderungen während des Verfahrens angepasst werden muss.

Nobelpreise 2024

Zwei der Nobelpreise 2024 haben einen Bezug zu maschinellem Lernen (ML) und künstlicher Intelligenz (KI), nämlich die für Physik und Chemie. Es ist erstaunlich, wie ML/KI-Techniken verschiedene Bereiche der Technologie verändern und die Art und Weise, wie wir mit komplexen Systemen interagieren und diese nutzen, transformieren. Eine der bedeutendsten Anwendungen ist die Steuerung technischer Systeme, wo KI-Algorithmen Entscheidungsfindung und Optimierung in Echtzeit ermöglichen. Diese Technologien ermöglichen eine präzisere Steuerung von Prozessen in Branchen wie Energie, Fertigung, Qualitätskontrolle und Transport. ML-Modelle können Muster erkennen und diese für die Identifizierung der am besten geeigneten Steuerungsmaßnahmen nutzen. Auch im Bereich der Medizintechnik erweist sich die KI als bahnbrechend. Von der Diagnostik bis zur personalisierten Medizin nutzt ML Daten, um die Ergebnisse für Patienten zu verbessern und die Gesundheitsversorgung zu verbessern.

Das EPA erkennt seit langem an, dass KI/ML-Erfindungen einen technischen Beitrag leisten können, wie es auch in den Prüfiungsrichtlinien zum Ausdruck kommt. Dies sollte Erfinder ermutigen, Patentschutz für ihre KI/ML-basierten Erfindungen zu beantragen. Die Integration von ML und KI in verschiedenen Bereichen wird die Innovation weiter vorantreiben.

Recherche am EPA

In der Folge vom 12. September 2024 des Podcasts „Talk Innovation“ des Europäischen Patentamts (EPA) geht es um die Qualität von Patenten. Ein Highlight ist ein neuer Schritt, den das EPA unternimmt, um die Qualität von Recherchenberichten zu verbessern. Ab November 2023 werden diese Berichte mit den Mitgliedern der zukünftigen Prüfungsabteilung und ihrem Teamleiter geteilt. Mit dieser Änderung soll sichergestellt werden, dass die Recherchenberichte so umfassend wie möglich sind. Das Ziel ist es, Situationen zu minimieren, in denen wichtiger Stand der Technik erst nach Jahren des Prüfungsverfahrens erstmalig eingeführt wird, auch wenn die Patentansprüche nicht signifikant geändert wurden.

In dieser Podcast-Folge werden auch weitere Bemühungen zur Verbesserung der Verfahrenskonsistenz erörtert. So arbeitet das EPAs beispielsweise daran, den Prüfern dabei zu helfen, ihre Praktiken in Bezug auf die Anzahl der Prüfungsbescheiden, die vor einer Ladung zur Verhandlung ergehen, einfacher mit der Amtspraxis vergleichen zu können. Diese Maßnahmen sollen die Qualität und Effizienz des Patentprüfungsverfahrens insgesamt verbessern.

Zusammenfassungen von Entscheidungen der EPA-Beschwerdekammern

Das EPA hat damit begonnen, monatliche Zusammenfassungen von Entscheidungen der Beschwerdekammern zu veröffentlichen. Die Zusammenfassungen sind über die Website der EPA-Beschwerdekammer zugänglich. Dies ist eine großartige Informationsquelle für alle, die regelmäßig über die neue Rechtsprechung informiert werden möchten, wobei die Zusammenfassungen vom Juristischen Forschungsdienst der Beschwerdekammern herausgegeben werden.

Anspruchsauslegung in EPA-Verfahren

Die Rechtsprechung der Beschwerdekammern zur Anspruchsauslegung ist seit einigen Jahren uneinheitlich: Einige Kammern haben den Standpunkt vertreten, dass die Ansprüche bei der Beurteilung der Patentierbarkeit grundsätzlich im Lichte der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen sind. Andere Kammern haben hingegen den Standpunkt vertreten, dass in Verfahren vor dem EPA-Verfahren die Beschreibung und die Zeichnungen nur in bestimmten Fällen für die Anspruchsauslegung zu berücksichtigen sind, nämlich wenn der Anspruchswortlaut unklar oder mehrdeutig ist.

Die aktuelle Beschwerdekammerentscheidung T 0439/22 hat diese Angelegenheit der Großen Beschwerdekammer vorgelegt. Die Vorlagefragen lauten wie folgt:

1. Ist Artikel 69 (1), 2.Satz EPÜ und Artikel 1 des Protokolls über die Auslegung von Artikel 69 EPÜ bei der Auslegung von Patentansprüchen anzuwenden, wenn die Patentierbarkeit einer Erfindung gemäß Artikel 52 bis 57 EPÜ beurteilt wird?

2. Dürfen die Beschreibung und die Figuren bei der Auslegung der Ansprüche herangezogen werden, um die Patentierbarkeit zu beurteilen, und wenn ja, darf dies generell geschehen oder nur dann, wenn der Fachmann einen Anspruch für unklar oder mehrdeutig hält, wenn er ihn isoliert liest?

3. Kann eine Definition oder eine ähnliche Information zu einem in den Ansprüchen verwendeten Begriff, die ausdrücklich in der Beschreibung enthalten ist, bei der Auslegung der Ansprüche zur Beurteilung der Patentierbarkeit außer Acht gelassen werden, und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Diese Fragen betreffen auch viele anhängige Verfahren.

Der Präsident des EPA hat entschieden, dass die Verfahren vor den Prüfungs- und Einspruchsabteilungen fortgesetzt werden sollen(Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 1. Juli 2024). Dies soll im Interesse des reibungslosen Funktionierens des EPA und der Rechtssicherheit geschehen.

BGH „Variationsnut“ – Anspruchsauslegung

In seiner Entscheidung X ZR 12/22 vom 12. März 2024 – Variationsnut entschied der deutsche Bundesgerichtshof, dass ein „Begriff, der in zwei Merkmalen eines Patentanspruchs verwendet wird, … unterschiedlich auszulegen sein [kann], wenn sich dies aus der Funktion der beiden Merkmale ergibt.“

Diese Entscheidung veranschaulicht die Bedeutung technischer Überlegungen im deutschen Patentgerichtssystem: Die Gerichte bemühen sich, den Sinn der beanspruchten Erfindung in technisch sinnvoller Weise zu erfassen, selbst wenn der Anspruchswortlaut nicht perfekt sein mag.

EPG-Verfahren mit Fußballbezug

Im Hinblick auf die im Juni beginnende Fußball-Europameisterschaft ist es interessant, dass vor kurzem ein Antrag auf einstweilige Maßnahmen gemäß R. 206 UPCA auf der Grundlage des Patents 1 944 067 eingereicht wurde. Das Patent bezieht sich auf eine Technik zum Erkennen einer Abseitssituation bei einem Fußballspiel.

Die Union des Associations Européennes de Football (UEFA) ist eine der Antragsgegnerinnen.

Das Verfahren ist unter dem offiziellen Aktenzeichen ACT_16267/2024 anhängig.

Patentverletzungsklage vor UPC-Zentralkammer

Gegen die Microsoft Corporation wurde eine Verletzungsklage bei der Zentralkammer des UPC eingereicht. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen ACT_18406/2024 anhängig.

Dies scheint die erste Patentverletzungsklage zu sein, die bei der Zentralkammer eingereicht wurde.

Zum Hintergrund: Art. 33(1) EPGÜ stellt zwei mögliche Gerichtsstände für die Erhebung einer Verletzungsklage gegen einen Beklagten bereit, der seine Hauptniederlassung außerhalb des Hoheitsgebiets der Vertragsmitgliedstaaten hat: Die Verletzungsklage gegen einen derartigen Beklagten kann nach Wahl des Klägers erhoben werden vor (i) der Lokalkammer oder der Regionalkammer eines Staates, in dem die geltend gemachte angebliche Verletzung stattgefunden hat, oder (ii) der Zentralkammer. Somit definiert Art. 33(1) EPGÜ einen alternativen Gerichtsstand (die Zentralkammer) für Patentverletzungsverfahren gegen Beklagte, für die es keinen Gerichtsstand gemäß Art. 33(1)(b) EPGÜ gibt.